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Mission incomplete: Der Held, der ein Täter war

INTERVIEW
Schauspieler, Autor und Regisseur Milan Gather sprach im TAK-Interview über sein Stück «Astronauten» und die Sensibilisierung für das Thema Mobbing. Das Gespräch führte Monika Kühne.

Lesedauer: 5 Minuten.

Montag, 20.11.23

Milan Gather wurde 1993 in Aachen geboren und wuchs in Dortmund auf. Er studierte an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart Schauspiel. Von 2018 bis 2022 war er am Jungen Ensemble Stuttgart (JES) engagiert. Dort schrieb er sein erstes Stück «Astronauten», das 2020 zu mehreren Festivals eingeladen und beim Heidelberger Stückemarkt mit dem Jugendstückepreis ausgezeichnet wurde. In Zusammenarbeit mit dem JES entstand auch sein zweites Stück «Oma Monika – was war?», bei dem er zugleich Autor war und sein Regiedebüt gab. Das Stück gewann 2022 den KinderStückePreis der 47. Mülheimer Theatertage und den 1. Preis der 25. Hessischen Kinder- und Jugendtheaterwoche KUSS. Am 10. und 11. März 2024 ist es als Gastspiel im TAK zu erleben. Seit der Spielzeit 2022/23 arbeitet er erfolgreich als freier Autor und Regisseur.

In dem von Milan Gather geschriebenen und selbst gespielten Monologstück «Astronauten» (Regie: Sebastian Schwab) geht es um das Thema Mobbing. Das Stück ab 12 Jahren wurde am JES als Klassenzimmertheater konzipiert. Dieser besondere Schauplatz ist somit genau einer jener Orte, an denen häufig Mobbing stattfindet. Es ist allerdings auch ein Ort, an dem dagegen interveniert werden kann. Am 6., 7. und 8. November 2023 spielte Milan Gather das Stück exklusiv für sechs Klassen an drei Liechtensteiner Schulen.

Zielgruppe Junges Publikum

Herr Gather, in Ihren Stücken setzen Sie sich intensiv mit der aktuellen Lebenswelt der Kinder- und Jugendlichen auseinander. Weshalb diese Zielgruppe?
Milan Gather:
Es ist ein totales Geschenk für diese Zielgruppe arbeiten zu können. Im Jungen Theater ergibt sich ein sehr breites Themenspektrum, das interessant ist. Man hat mit dem Theaterpublikum von heute und morgen zu tun, setzt sich mit ihm auseinander und bekommt ein sehr ehrliches Feedback. Oft werden Kinder und Jugendliche schon früh in den künstlerischen Entstehungsprozess miteinbezogen, das hat ein unglaubliches Potenzial. Oder sie spielen sogar selbst auf der Bühne.

Warum spielen Sie «Astronauten» nicht im Theater, sondern in Klassenzimmern?
Milan Gather: Den Raum der Schüler*innen zu betreten, sich in ihr «Territorium» zu begeben, ermöglicht eine sehr unmittelbare Spielsituation. Eine Theater-Figur in den Klassenraum einzubauen, eröffnet eine spannende Spielsituation. Und es hilft, den Bezug zur Zielgruppe nicht zu verlieren, sondern auf Leerstellen zu stossen und neue Perspektiven zu gewinnen.

Sprechen wir über Mobbing

In ihrem Stück thematisieren Sie Mobbing, wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen?
Milan Gather: Ich stand in meiner Schulzeit auf beiden Seiten. Vor einigen Jahren sind mir manche Dinge aus meiner Jugend wieder eingefallen und haben mich beschäftigt. Ich habe mich gefragt: Was bleibt von Mobbing-Erfahrungen aus der Schulzeit zurück? Auch bis ins Erwachsenenalter? In dem Stück habe ich mich für die Tätersicht entschieden, weil ich mich bewusst an die richten möchte, die Täter*innen sind, es waren oder eventuell werden könnten. Um aufzuzeigen, dass man natürlich in erster Linie die persönliche Grenze eines anderen Menschen übertritt und ihm nachhaltig schadet, aber auch sich selber eine Schuld aufbürdet, und diese immer mit sich rumtragen wird. Und auch durch das Mitmachen oder Ignorieren macht man sich schuldig.

Verstecktes Theater

Ihr Stück zählt zum sogenannten «versteckten» oder «unsichtbaren» Theater. Die Zuschauer*innen wissen somit nicht, dass hier ein Schauspieler nur die Figur des Astronauten spielt. Wie wirkt das auf die Schüler*innen?
Milan Gather:
Für die Klasse ist das Stück ein Ritt. Wenn ihnen klar wird, dass der Astronaut kein Held ist und alles andere als ein Vorbild, ist das natürlich ein tiefer Fall. Erst wenn das Stück vorbei ist und ich den Raum verlasse, wird ihnen von der Lehrperson erklärt, dass es sich um Theater gehandelt hat. Danach komme als Schauspieler Milan Gather zurück ins Klassenzimmer und wir sprechen darüber, was gerade passiert ist. Wie haben die Schüler*innen das Stück erlebt, was hat sie überrascht, berührt oder irritiert, wie hätte die Geschichte anders verlaufen können, wer hätte eingreifen können …

Frühzeitig sensibilisieren

Sie haben ihr Stück an mehreren Schulen geprobt, das Feedback der Schüler*innen eingeholt, mit Präventionsbeauftragten und Schulpsycholog*innen gesprochen. Was hat Sie am meisten berührt oder erschüttert?
Milan Gather: Die Dinge, die mir in der Recherche über Mobbing erzählt wurden, haben mich sehr beschäftigt. Es sind teilweise furchtbare Realitäten. Aber es gab auch schöne Rückmeldungen der Probeklassen. Schüler*innen haben gesagt: «Die Erfahrung des versteckten Theaters sollten auch andere Klassen machen» oder dass sie sich durch dieses Erleben viel tiefergehend mit dem Thema Mobbing auseinandergesetzt hätten. Das Stück soll die Schüler*innen frühzeitig für das Thema Mobbing sensibilisieren, kann aber natürlich nur präventiv eingesetzt werden – an den Schulen braucht es trotzdem

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